Freiburger Marktkalender

Ansel Adams meinte: 12 gute Fotos im Jahr sind eine gute Ausbeute!

Marktkalender – einfach gut gekocht!

Der Freiburger Münstermarkt zieht Einheimische und Touristen gleichermaßen an. Unter den Ständen mit ihren bunten Schirmen machen sich Aprikosen, Holzofenbrot, Mangold, Oliven und Zwetschgenmus breit. Der Markt findet das ganze Jahr über statt und jede Jahreszeit hat ihre besondere Atmosphäre, die der Freiburger Marktkalender mit Fotos und Illustrationen gekonnt in Szene setzt.

 

Monat für Monat gibt es ein feines Rezept von Hans-Albert Stechl mit Zutaten vom Markt: Rote Beete mit Ziegenkäse, Hühnersuppe nach asiatischer Machart, Roastbeef statt Lamm an Ostern, Piccata mit Fisch, Pancakes mit Heidelbeeren, Süßkartoffel aus dem Ofen, Pissaladière – Zwiebelkuchen aus Nizza oder den New York Cheesecake. Passende Weinempfehlungen von Martin Schärli ergänzen die Gerichte. 

 

Seit 2015 fotografiere ich für den Freiburger Marktkalender. Zusammen mit Hans-Albert Stechl bin ich Herausgeber des Kalenders. Die neue Auflage für 2023 erscheint im Rombach Verlag Freiburg und ist dieses Jahr ab September im Buchhandel erhältlich.

Aussteigen bitte

von Beate Mitzscherlich

 

Auf der Strecke von Salzburg nach München bleibt der Zug plötzlich stehen. Nach längerer Zeit kommt eine Durchsage. Ein Stellwerk sei kaputt. Die Reisenden werden gebeten, mit ihrem Gepäck den Zug zu verlassen und an den Gleisen entlang in Fahrtrichtung bis zum nächsten Bahnhof zu gehen. Dort würden Taxis warten, mit denen sie ihre Reise fortsetzen könnten. Ungläubiges Raunen. Dann greifen die ersten nach ihren Sachen. Es ist nicht ganz einfach, die steilen Stufen hinunter zu klimmen, so ganz ohne Bahnsteig. Die Leute helfen sich gegenseitig mit ihrem Gepäck. Sobald wir draußen sind, fangen sie an zu telefonieren. Ein Geschäftsmann verlegt einen Termin. Eine Frau ruft mit klagender Stimme: »Schlecht geht es mir, Ingeborg. Der Zug ist stehengeblieben. Wir müssen zu Fuß gehen, bis zum nächsten Bahnhof!« Ein Mann in einer hellen Bundjacke ruft bei der Bild-Zeitung an: Ich hab da was für sie … 200 Reisende, darunter Schwerbehinderte, jawohl, mitten auf der Strecke ausgesetzt, jawohl, einfach unmenschlich, jawohl.« 

 

Es sind vielleicht siebzig Menschen, die in einem kleinen Zug mit Koffern und Taschen über die Bahnschwellen klettern. Nach knapp 100 Metern gibt es neben den Gleisen einen Trampfelpfad, der führt nach weiteren 500 Metern zu einer kleinen Bahnstation. Die liegt inmitten von Rapsfeldern, die in der Morgensonne leuchten. Natürlich gibt es keine Taxis. Wie immer in Notsituation reden die Leute plötzlich miteinander, die meisten regen sich über die Bahn auf, ein junger Mann organisiert per Handy ein paar Taxis, damit wenigsten die Leute wegkommen, die zum Flughafen müssen. »Das sollten wir Eana doch zoalen, die Müh« ruft einer der so Begünstigten. Der Mann winkt ab. Unser Zug hat sich inzwischen in Bewegung gesetzt und fährt rückwärts davon. Auf den Handys ist inzwischen von 300 Menschen die Rede und von einem kilometerlangen Weg über Stock und Stein. Ich sitze auf dem Bahnsteig und esse mein Reisebrot. Es riecht nach Raps. In der Sonne ist es richtig warm. Es dauert zwei Stunden bis für die restlichen Reisenden ein Personenzug mit drei Hängern zur Verfügung gestellt wird … 

 

Eine Frau hat sich als Rechtsanwältin zu erkennen gegeben und rät allen, sich unbedingt bei der Bahn zu beschweren und Schadenersatz zu verlangen: Sonst passiert von denen aus gar nichts! Nachdem wir eingestiegen sind, telefoniert sie mit ihrem Mann: »Du kannst dir nicht vorstellen, was hier los ist …« Ihre kleine bezopfte Tochter drängelt sich dazwischen: »Cool, Papa« ruft sie in’s Telefon: »Wir mußten alle aussteigen und dann ist unser Zug weggefahren und wir haben alle auf dem Bahnsteig gesessen und dann ist ganz lange kein Zug mehr gekommen und eine Frau hat mir ein Kaubonbon geschenkt und da sind lauter gelbe Blumen auf den Feldern, die riechen wie, wie, wie …« »sag Frühling!« Die Mutter hat ihr das Handy aus der Hand genommen. »Bis später«, sagt sie in den Hörer.